Hell is Us
Hell is Us ist auf erfrischende Art und Weise anders: ein frisches Setting gepaart mit nicht-händchenhaltendem Gameplay sorgt für ein sehr empfehlenswertes Mystery-Erlebnis. Das Spiel dreht sich um Remi, einen UN Peacekeeper, der während eines Einsatzes in einem fiktiven Land namens Hadea AWOL geht, um seine Eltern zu finden, die ihn während seiner Kindheit aus dem Land geschmuggelt haben. Remi findet sich inmitten eines Landes, in dem sich die Bevölkerungsgruppen seit mehr als 1.000 Jahren aus ethnischen und religiösen Grüden gegenseitig umbringen und das jetzt erneut im Bürgerkrieg versunken ist. Das Land wird allerdings nicht nur vom Bürgerkrieg heimgesucht, sondern auch von paranormalen Wesen, die sich nicht mit herkömmlichen Waffen bezwingen lassen. Erfrischend ist hierbei, dass das Spiel nicht mit einem Exposition Dump startet, sondern man die Story nach und nach erlebt und sich die Story und die Lore des Spiels selbst zusammensammeln muss.
Das Setting selbst ist unfassbar atmosphärisch umgesetzt und wohl die größte Stärke des Spiels. Wie bereits beschrieben, spielt das Spiel in einem fiktiven (europäischen) Land, in dem sich die ethnischen und religiösen Gruppen seit mehr als einem Jahrtausend gegenseitig umbringen und in dem jetzt Bürgerkrieg herrscht. Dazu kommen paranormale Kreaturen und eine gewisse Art paranormale Magie. Auf der einen Seite sieht man die Grauen des Bürgerkriegs - Sirenengeheul, Bombeneinschläge, Massengräber, tote und verstümmelte Menschen einschließlich Kinder, aufgehangene Menschen - und auf der anderen Seite beeindruckende und tlw. paranormale Ruinen, Tempel- und Höhlenanlagen. Man hat einerseits also ein sehr gut umgesetztes Bürgerkriegsfeeling (gerade in urbanen Gegenden) und andererseits kommen starke Indiana Jones/Tomb Raider Vibes auf, die zusammen für ein sehr gutes Mystery Thriller Erlebnis sorgen.
Das Gameplay besteht einerseits aus dem investigativen Teil und andererseits aus Combat. Der investigative Part besteht neben dem Verfolgen der Haupt-Story auch aus Nebensträngen wie das Aufklären von Mysteries oder das Erledigen von "Good Deeds", um der geschundenen Bevölkerung zu helfen. Im Spiel gibt es ausdrücklich keine Karte, keinen traditionellen Questlog und keine Questmarker. Das Spiel lenkt einen zwar dennoch subtil in die richtige Richtung und man hat ein Investigationsjournal; das Spiel ist also deutlich weniger hand-holdy als andere Spiele. Das sorgt tatsächlich für ein stärkeres Maß an Immersion, kann aber auch frustrierend sein, wenn man gerade planlos ist oder Hinweise falsch deutet oder schlicht vergessen hat. Mir persönlich hat's sehr gut gefallen und ich bin dank Zelda Randomizer ohnehin gewohnt, Notizen anzufertigen; es dürfte bei vielen (gerade Casual-) Spielern aber eine sehr kontroverse Design-Entscheidung sein.
Combat war für mich nicht der Hauptfokus des Spiels und ist ohnehin eines seiner schwächeren Elemente. Viele haben das Kampfsystem mit Soulslikes verglichen. Ob der Vergleich zutrifft, ist fraglich. Ist jedes Kampfsystem, das Blocken und Parieren bietet, automatisch ein Soulslike? Man hat daneben zumindest verschiedene Waffen, paranormale Quasi-Magie, eine Drohne, die man ihrerseits für weitere Skills nutzen kann und ein "Healing Pulse"-System, das - ähnlich wie bei QTE - bei zeitlich richtig getätigtem Button-Press ein wenig HP wiederherstellt. Das Kampfsystem wirkt insgesamt ein wenig janky und die Gegnervielfalt ist beschränkt, dennoch reicht es als Gameplay-Element aus, um den investigativen Gameplay-Loop zu brechen und für Abwechslung zu sorgen. Dieses Spiel im Besonderen spielt man ohnehin nicht hauptsächlich für Combat.
Technisch ist das Spiel m.E. sehr gut gelungen und eines der wenigen UE5-Titel, das selbst bei Launch problemlos funktioniert. Ich konnte zumindest mit meinem 5800X3D und meiner 4080 keinen Stutter erleben und habe bei DLSS-Q und FG durchgängig über 80 FPS auf max. settings. Grafisch ist das Spiel wirklich schön und bietet mitunter wundervolle Vistas. Alles in Allem hat das Spiel seine Schwächen und ist daher nicht perfekt. Dennoch hat mir das Spiel sehr gut gefallen und ich kann es gerade aufgrund des Settings nur weiterempfehlen. Bei einem Preis von "nur" 50 EUR und einer moderaten Spielzeit von 25 bis 30 Stunden kann man das Spiel allerdings auch mitnehmen, ohne eine Niere verkaufen und ohne eine Langzeitverpflichtung eingehen zu müssen. Von mir bekommt das Spiel eine 8,5/10.